Um den Beitrag von Independent-Verlagen zu Alternativöffentlichkeiten zu bestimmen, will ich zunächst definieren, was ich als Independent-Verlage bezeichne, wobei deren Selbstverständnis eine wichtige Rolle spielt. Außerdem soll kurz auf die Marktsituation in der Verlagslandschaft rekurriert werden, um eine spätere Verortung der Verlage zu ermöglichen.
Was sind Independent-Verlage?
Was Independent-Verlage sind, sagt eigentlich schon der Name. Es sind
solche Verlage, die unabhängig sind. Wirtschaftlich unabhängig,
weil sie keinem Konzern zugehören, dem sie finanzielle Rechenschaft
schulden oder in dessen Organisationsstrukturen sie eingebunden sind.
Geistig unabhängig, weil es keine Partei, Instititution oder
Organisation gibt, die direkt oder indirekt Einfluss auf Programm-
oder Personalpolitik des Verlags nehmen kann. Independent-Verlage
sind trotzdem professionell organisiert, es sind nicht unbedingt Ein-Mann-Betriebe, die in Garagen ihre Lieblingsbücher drucken. In
der öffentlichen Diskussion sind Independent-Verlage immer
belletristisch, Fachbuchverlage werden an dieser Stelle
ausgeklammert. Außerdem weisen sie nur eine begrenzte Größe aus,
beschäftigen also nur wenige Mitarbeitern und auch der Titelausstoß
ist im Vergleich zu anderen Verlagen gering, wobei hier keine genauen
Zahlen vorliegen.1
Selbstverständnis
Independent-Verlage definieren sich auch über das eigene
Selbstverständnis. Die Unabhängigen betonen die Unterschiede, die
zwischen ihnen und Konzernverlagen bestehen. So stehe für sie das
Buch als Kulturgut im Mittelpunkt ihrer Bemühungen, während die
Großen das Buch als Ware betrachteten und in Masse produzierten,
ohne sich dessen kulturellen Wert bewusst zu sein.2
Man betont, man sei frei von wirtschaftlichen Gedanken: „Denn bei
Independent-Verlagen steht eindeutig der literarische Anspruch im
Vordergrund. Natürlich müssen auch sie Geld verdienen (…), doch
der Profit steht nicht an erster Stelle.“3
Junge Verlage stellen dabei eine Besonderheit dar: Sie sind
unabhängige, relativ neu gegründete Verlage, die die eigene
Andersartigkeit betonen und versuchen, sich deutlich von den
etablierten Verlagen abzugrenzen.
Es wird suggeriert, dass einzig das wertvolle Buch im Vordergrund
steht, wirtschaftliche Gründe eine rein untergeordnete Rolle
spielen. Dass Independent-Verlage jedoch Unternehmen wie andere auch
sind, macht die Marktsituation deutlich:
Die Marktsituation
Der
Buchmarkt ist von einem immensen Strukturwandel bestimmt: Immer
weniger, dafür immer größere, Buch- oder Medienkonzerne teilen
einen immer größeren Teil des Umsatzes unter sich auf. Wachstum ist
in der Branche äußerst schwierig, insbesondere für Verlage mit
wenig finanziellen Mitteln. Verlage wachsen hauptsächlich dann, wenn
sie andere verdrängen. Deshalb gibt es viele Produkte, die sich
ähneln und die man als „Me-too-Produkte“ bezeichnet.4 Außerdem besteht eine Vielzahl lieferbarer Titel, sodass es für kleine Verlage immens schwer ist, nicht in der Fülle des Angebots unterzugehen.5 In den letzten Jahren sank die Zahl der Verlage stark, um mehr als 15%, was vor allem mit der Übernahme durch konkurrierende Unternehmen zu begründen ist.6 Die großen Konzerne machen dabei mehr als 70% des Umsatzes aus, der Umsatz kleiner Verlage ist nur marginal.7
Der Post definiert also den Begriff Independent Verlag, setzt sich kurz mit dem Selbstverständnis auseinander und betrachtet die ungünstige Marktsituation für kleine Verlage. Die nun kommenden Posts werden praktischer als dieses theoretische Vorgeplänkel, wenn anhand junger Verlage wie Kookbooks oder Wagenbach eine Marketingstrategie demonstriert und gezeigt wird, inwiefern die einzelnen Verlage Alternativöffentlichkeiten herstellen – also dranbleiben
Literatur
1Vgl.
Stiglhuber: Macht und Ohnmacht der Unabhängigen.
Independent-Verlage und ihre Verortung, Verlag Werner Hülsbusch,
Boizenburg 2011, S. 47 – 54.
3Stiglhuber:
Macht und Ohnmacht der Unabhängigen. Independent-Verlage und ihre
Verortung, Verlag Werner Hülsbusch, Boizenburg 2011, S. 83.
4
Vgl. Schönstedt/ Breyer-Mayländer, Der Buchverlag, S. 232 und vgl.
Ammern/Bol, Über die Kunst, klein zu verlegen, S. 57.
5
Vgl. Itschert, 33 Tipps für Kleinverleger, S. 37.
6
Vgl. Lucius Verlagswirtschaft, S. 62 – 63, S. 181.
7.
Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Hrg.), Buch und Buchhandel
in Zahlen 2012, S. 46.