Montag, 10. Juni 2013

Was sind Independent-Verlage?

Um den Beitrag von Independent-Verlagen zu Alternativöffentlichkeiten zu bestimmen, will ich zunächst definieren, was ich als Independent-Verlage bezeichne, wobei deren Selbstverständnis eine wichtige Rolle spielt. Außerdem soll kurz auf die Marktsituation in der Verlagslandschaft rekurriert werden, um eine spätere Verortung der Verlage zu ermöglichen.

Was sind Independent-Verlage?
Was Independent-Verlage sind, sagt eigentlich schon der Name. Es sind solche Verlage, die unabhängig sind. Wirtschaftlich unabhängig, weil sie keinem Konzern zugehören, dem sie finanzielle Rechenschaft schulden oder in dessen Organisationsstrukturen sie eingebunden sind. Geistig unabhängig, weil es keine Partei, Instititution oder Organisation gibt, die direkt oder indirekt Einfluss auf Programm- oder Personalpolitik des Verlags nehmen kann. Independent-Verlage sind trotzdem professionell organisiert, es sind nicht unbedingt Ein-Mann-Betriebe, die in Garagen ihre Lieblingsbücher drucken. In der öffentlichen Diskussion sind Independent-Verlage immer belletristisch, Fachbuchverlage werden an dieser Stelle ausgeklammert. Außerdem weisen sie nur eine begrenzte Größe aus, beschäftigen also nur wenige Mitarbeitern und auch der Titelausstoß ist im Vergleich zu anderen Verlagen gering, wobei hier keine genauen Zahlen vorliegen.1

Selbstverständnis
Independent-Verlage definieren sich auch über das eigene Selbstverständnis. Die Unabhängigen betonen die Unterschiede, die zwischen ihnen und Konzernverlagen bestehen. So stehe für sie das Buch als Kulturgut im Mittelpunkt ihrer Bemühungen, während die Großen das Buch als Ware betrachteten und in Masse produzierten, ohne sich dessen kulturellen Wert bewusst zu sein.2 Man betont, man sei frei von wirtschaftlichen Gedanken: „Denn bei Independent-Verlagen steht eindeutig der literarische Anspruch im Vordergrund. Natürlich müssen auch sie Geld verdienen (…), doch der Profit steht nicht an erster Stelle.“3
Junge Verlage stellen dabei eine Besonderheit dar: Sie sind unabhängige, relativ neu gegründete Verlage, die die eigene Andersartigkeit betonen und versuchen, sich deutlich von den etablierten Verlagen abzugrenzen.
Es wird suggeriert, dass einzig das wertvolle Buch im Vordergrund steht, wirtschaftliche Gründe eine rein untergeordnete Rolle spielen. Dass Independent-Verlage jedoch Unternehmen wie andere auch sind, macht die Marktsituation deutlich:

Die Marktsituation
Der Buchmarkt ist von einem immensen Strukturwandel bestimmt: Immer weniger, dafür immer größere, Buch- oder Medienkonzerne teilen einen immer größeren Teil des Umsatzes unter sich auf. Wachstum ist in der Branche äußerst schwierig, insbesondere für Verlage mit wenig finanziellen Mitteln. Verlage wachsen hauptsächlich dann, wenn sie andere verdrängen. Deshalb gibt es viele Produkte, die sich ähneln und die man als „Me-too-Produkte“ bezeichnet.4 Außerdem besteht eine Vielzahl lieferbarer Titel, sodass es für kleine Verlage immens schwer ist, nicht in der Fülle des Angebots unterzugehen.5 In den letzten Jahren sank die Zahl der Verlage stark, um mehr als 15%, was vor allem mit der Übernahme durch konkurrierende Unternehmen zu begründen ist.6 Die großen Konzerne machen dabei mehr als 70% des Umsatzes aus, der Umsatz kleiner Verlage ist nur marginal.7

Egal was die Independent-Verlage behaupten – die finanzielle Situation spielt eine Rolle. Schließlich sind Verlage auch Unternehmen, die Profit machen müssen, um auf dem Markt zu bestehen. Das Selbstverständnis steht also durchaus im Gegensatz zur Marktsituation und es ergibt sich ein schwieriger Balanceakt zwischen wirtschaftlichem Erfolg und kulturellem Anspruch.


Der Post definiert also den Begriff Independent Verlag, setzt sich kurz mit dem Selbstverständnis auseinander und betrachtet die ungünstige Marktsituation für kleine Verlage. Die nun kommenden Posts werden praktischer als dieses theoretische Vorgeplänkel, wenn anhand junger Verlage wie Kookbooks oder Wagenbach eine Marketingstrategie demonstriert und gezeigt wird, inwiefern die einzelnen Verlage Alternativöffentlichkeiten herstellen – also dranbleiben



Literatur
1Vgl. Stiglhuber: Macht und Ohnmacht der Unabhängigen. Independent-Verlage und ihre Verortung, Verlag Werner Hülsbusch, Boizenburg 2011, S. 47 – 54.
3Stiglhuber: Macht und Ohnmacht der Unabhängigen. Independent-Verlage und ihre Verortung, Verlag Werner Hülsbusch, Boizenburg 2011, S. 83.
4 Vgl. Schönstedt/ Breyer-Mayländer, Der Buchverlag, S. 232 und vgl. Ammern/Bol, Über die Kunst, klein zu verlegen, S. 57.
5 Vgl. Itschert, 33 Tipps für Kleinverleger, S. 37.
6 Vgl. Lucius Verlagswirtschaft, S. 62 – 63, S. 181.
7. Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Hrg.), Buch und Buchhandel in Zahlen 2012, S. 46.

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